Veranstaltung: | Bundesjugendwerkskonferenz 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | 7.c) Weitere Anträge |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Überweisung an den Bundesjugendwerksvorstand |
Beschlossen am: | 29.05.2022 |
Basierend auf: | A13: Alternativangebote – Boykott Qatar 2022 |
Alternativangebote – Boykott Qatar 2022
Beschlusstext
Während der Weltmeisterschaft in Qatar (Mo., 21. Nov. 2022 – So., 18. Dez. 2022)
bietet das Bundesjugendwerk in Zusammenarbeit mit seinen Mitgliedsgliederungen
zu jedem Spiel der deutschen Nationalmannschaft jeweils einem der Spiele der
Finalrunden, sollte Deutschland ausscheiden, ein Alternativangebot an, welches
den Boykott der WM mit sinnstiftenden Angeboten unterstützt und mit einer
kritischen Perspektive auf die Themen wie z.B. Kapitalismus, Arbeit, Herrschaft,
Menschenrechte und LGBTQIA* verbindet. Dabei muss besonders darauf geachtet
werden, dass sich diese Kritik jeglichem antimuslimischen Rassismus verwehrt.
Alternativangebote können dabei sein:
- Online-Veranstaltungen aller Art
- Empfehlungen für Lektüre, aufgezeichnete Vorträge und Podcasts
- Empfehlungen für Gesellschaftsspiele
- Hinweise auf eigene Sportaktivitäten
Begründung
Die WM in Qatar ist nicht mit den Werten des Jugendwerks vereinbar. Ein Boykott
allein wird den Ansprüchen unseres Verbandes – der junge Menschen zum kritischen
Denken befähigen möchte und politisierend wirkt – jedoch ebenso nicht gerecht.
Als Begründung wird hier der Aufruf der Initiative „BOYCOTT QATAR 2022“
aufgeführt:
Die WM 2022 in Qatar ist ein dem Fußball unwürdiges Turnier. Es werden so viele
Gebote der sportlichen und politischen Fairness verletzt, dass es uns
unverantwortlich erscheint, an diesem Ereignis teilzuhaben, ob als aktiver
Sportler*in, Funktionär*in oder nur als TV-Zuschauer*in.
Die FIFA nimmt für sich in Anspruch, Menschenrechte ernst zu nehmen. In einem
Beschluss vom Mai 2017 erklärt sie: „Die FIFA ist bestrebt, innerhalb der
Organisation und bei all ihren Tätigkeiten ein diskriminierungsfreies Umfeld zu
schaffen.“ Nach Artikel vier der FIFA-Statuten zählt dazu die Ablehnung
jeglicher Diskriminierung u.a. aufgrund von Religion, Geschlecht oder sexueller
Orientierung. Im Katar ist Homosexualität gesetzlich verboten, werden Frauen
durch gesetzliche Regelungen stark benachteiligt und wird die individuelle
Lossagung vom Islam als Kapitalverbrechen verfolgt. Die Entscheidung pro Katar
ist daher mit dem Anspruch eines „diskriminierungsfreien Umfelds“ auf keinen
Fall zu vereinbaren.
Auch den Besucherinnen und Besuchern des WM-Turniers drohen Sanktionen, sofern
sie sich als homosexuell bzw. „queer“ outen oder „unangemessene Kleidung“
tragen, beispielsweise kniefreie Hosen oder schulterfreie Oberteile.
Die Bedingungen, unter denen ausländische Gastarbeiter in Katar auf den WM-
Baustellen schuften müssen, sind unmenschlich. Sie leben in schlimmsten
Wohnverhältnissen, werden teilweise um ihren Lohn betrogen und arbeiten unter
gefährlichen Umständen. Sie haben kein Recht auf Kündigung, teilweise nicht
einmal auf Heimreise. Nach verschiedenen Berichten sind bisher mehrere hundert
Arbeiter auf den Stadionbauten ums Leben gekommen.
Offiziell hat die FIFA eine Verbesserung dieser Situation angemahnt.
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty international haben jedoch
festgestellt, dass dies nicht zu einer echten Verbesserung geführt hat.
In Katar existiert keine historisch gewachsene Fußballkultur mit
Traditionsvereinen und einer nennenswerten Fanbasis. Fußball in Katar ist im
Wesentlichen ein mit viel Geld gezüchtetes Retortenprodukt, und die Stadien
gleichen potemkinschen Dörfern. Die meisten von ihnen werden nach der WM zurück-
oder ganz abgebaut, weil sie für den eigenen Spielbetrieb nicht benötigt werden.
Das WM-Stadion in Al-Shamal beispielsweise fasst über 45.000 Zuschauer, während
die Stadt nur 11.000 Einwohner hat.
Die Entscheidung, Katar als Austragungsland zu wählen, folgt nicht sportlichen,
sondern allein kommerziellen Erwägungen. Katar sieht in dem WM-Turnier die
Krönung seiner bisherigen Investitionen, mit deren Hilfe sich das Land im Sport-
Business ein zukunftsträchtiges Geschäftsfeld eröffnen will. Die FIFA erhofft
sich durch das Turnier neue Perspektiven auf den Märkten der islamischen
Regionen.
Außerdem findet die FIFA in dem Emirat einen Partner, der ihre
sponsorenfreundlichen Auflagen willfährig erfüllen und autokratisch durchsetzen
wird. Damit setzt sich auch 2022 eine Tendenz fort, die populärsten sportlichen
Großereignisse – Fußball-WM und Olympische Spiele – an autoritär oder
diktatorisch geführte Staaten zu vergeben, weil die überzogenen Ansprüche von
FIFA/IOC in demokratischen Gesellschaften immer weniger Akzeptanz finden.
Die Vergabe des WM-Turniers an Katar ist von Korruptionsgerüchten begleitet.
Nach verschiedenen seriösen Presseberichten wurden im Vorfeld der FIFA-
Entscheidung mehrere Millionen Euro Bestechungsgelder gezahlt. Es ist möglich,
dass diese Verdächtigungen zu einem Zeitpunkt bewiesen werden, an dem es dann
nicht mehr möglich ist, Katar die Austragung zu entziehen. Somit würde mit dem
Turnier ein Regime aufgewertet, das sich die Austragung definitiv durch
Korruption ergaunert hat.
Fassung in Einfacher Sprache
Viele Menschen mögen Fußball und schauen sich gern die Weltmeisterschaft an.
Dieses Jahr findet diese jedoch in Quatar statt. Ein Land, welches
Menschenrechte mit Füßen tritt und keine Fußballkultur besitzt. Die WM sollte
boykottiert werden. Für die Spiele sollen dafür alternative Angebote gemacht
werden, was man statt dem Zuschauen vor dem Fernseher im Jugendwerk machen kann.